Ja, ich gebe es zu: meistens habe ich morgens im Moment erstmal keine Ahnung, an welchem Wochentag ich mich gerade aus dem Bett geschält habe. Es kommt schon vor, dass ich in meiner morgendlichen Trantütigkeit aus dem Bad komme, mir einen Kaffee mache, ins Arbeitszimmer schlurfe und erst beim Blick in den Kalender feststelle, dass ich versehentlich an einem Sonntagmorgen meinen PC hochgefahren und die Arbeitsmails abgerufen habe – damn. Das Home Office und dieses dauernde zuhause bleiben setzen meinem Zeitgefühl langsam wirklich zu. Gerade erst fiel mir auf, dass Ostern schon wieder eine Woche her ist. Generell ist das wirklich eine der faszinierendsten Sachen, die ich momentan beobachte: die Zeit scheint einerseits viel langsamer zu vergehen, als normalerweise – und andererseits fliegt sie nur so vorbei. Die Endlosschleife aus stundenlangem Aufenthalt am Schreibtisch, dem einen oder anderen Nachmittagsspaziergang zur Abwechslung zwischendurch, die gelegentliche Sporteinheit, um dem Corona-Rettungsring wenigstens ein bisschen entgegenzuwirken, Kochen, Putzen und den gemeinsamen Netflix-Abenden mit Flo verschwimmen in der Erinnerung zu einer einzigen grauen Masse. Lediglich Telefon- oder Videokonferenzen mit Freunden, Familie oder Kollegen bei Skype, Jitsi, WebEx, WhatsApp, Nextcloud Talk, Slack oder wie die ganzen Tools auch heißen fügen ein paar Farbtupfer hinzu. Oh, und Essen. Ich weiß ziemlich genau, an welchem Tag ich was gekocht oder gebacken (und dann gegessen) habe. Immerhin komme ich mal wieder dazu, viele verschiedene Sachen auszuprobieren – etwas Gutes muss die Situation ja auch haben. Naja, schauen wir mal, ob ich in ein paar Wochen in meinen bequemen Jogginghosen ins Büro gehen muss, weil ich feststellen muss, dass der Bund einer Jeans leider weniger dehnbar ist…
Ganz ernsthaft: ich kann mich momentan kaum erinnern, was ich in den letzten Tagen so getrieben habe. Ich versuche es trotzdem mal. Nicht, weil es besonders spannend wäre, ganz im Gegenteil. Aber um mir selber vor Augen zu führen, dass ich nicht NUR gearbeitet, geputzt, gekocht und ferngesehen habe.
Vor Ostern habe ich mal konsequent alle Stellen in der Wohnung durchforstet, an denen wir irgendwelche ungeöffneten Duschgele, Shampoos, Seifen, Parfüms, Bodylotions, Handcremes oder ähnliches gebunkert haben. Ich muss schon sagen: es war viel mehr, als ich gedacht hätte. Kaum zu glauben, wie viele solche Sachen ich in den letzten Jahren gekauft habe, weil sie “interessant” klangen und dann einfach vergessen habe. Aber ist ja auch kein Wunder: man bekommt ja doch auch relativ oft solche Produkte geschenkt und ich neige dazu, die geschenkten Duschgele oder Handcremes eher zu benutzen – die bleiben einem irgendwie besser im Hinterkopf, als irgendetwas, was man mal spontan gekauft und dann IRGENDWO hin geräumt hat.
Naja, wie dem auch sei: es war viel, was da ans Tageslicht gekommen ist. Ziel des Ausmistens war, alles auszusortieren, was wir nicht in den nächsten Wochen selber direkt benutzen werden, diese Sachen in einer Tüte zusammen zu packen und an einen der Gabenzäune zu bringen, die es inzwischen auch in der Stuttgarter Innenstadt gibt. Schlussendlich wurde es mehr als eine Tüte…

Übrigens: Das mit den Gabenzäunen ist wirklich ne super Sache, um Bedürftige in dieser für sie besonders kritischen Zeit zu unterstützen. Ich kann’s nur jedem ans Herz legen, der selber etwas entbehren kann, dort etwas abzugeben. Wir waren inzwischen mehrmals dort, um etwas an den Zaun zu hängen, neben den oben erwähnten Hygieneartikeln auch haltbare Lebensmittel, und hatten dabei auch den einen oder anderen Kontakt mit Leuten, die auf derartige Spenden gewartet haben. Ich sag’s ganz ehrlich: zu hören, dass eine für mich einfach leistbare Sache für andere wahsinnig hilfreich ist, hat zu meinen persönlichen Highlights der letzten Tage gehört. Als jemand, der gemütlich im Home Office arbeiten kann und im öffentlichen Dienst erstmal keine Angst vor Entlassung oder Kurzarbeit und den damit verbundenen Gehaltseinbußen haben muss (naja – zumindest solange der Spaß nicht länger geht, als die restliche Laufzeit meines Arbeitsvertrags), fühle ich mich momentan einerseits dankbar, andererseits aber auch echt nutzlos in Bezug auf diese Krise. So hat man wenigstens für einen kurzen Moment das Gefühl, irgendetwas sinnvolles zu tun.
Apropos sich nützlich fühlen wollen: ich hab die letzten Tage über immer mal wieder ein paar Stunden an der Nähmaschine verbracht, um weitere Masken zu nähen – erst für Flo und mich, dann auch für Familie und Freunde. Ich bin inzwischen bei etwa 20 Masken angekommen und mittlerweile läuft die Sache immer flüssiger. Von etwa einer Stunde pro Maske am Anfang weiter bin ich inzwischen bei einer knappen halben Stunde Produktionszeit angekommen. Selbst mit dem Faltenlegen habe ich mich eigentlich ganz gut angefreundet. Es macht mir zugegebenermaßen auch Spaß und ich habe auch vor, damit noch eine Weile weiterzumachen – immerhin dürfte uns Corona noch ein paar Monate begleiten und sinnvollerweise sollten manche Lockerungen der geltenden Schutzmaßnahmen von einer Maskenpflicht begleitet werden. Kleine Nebenbemerkung: beim Einkaufen gestern war ich wortwörtlich die EINZIGE Kundin im Laden, die freiwillig eine Maske getragen hat. Schön, dass ich nicht Viren einer möglichen unerkannten Erkranung an andere weitergeben konnte – wenn sich niemand sonst so verhält, nützt das leider auch nichts. Eine Pflicht zur Bedeckung von Mund und Nase in Läden und dem ÖPNV ist meiner Meinung nach alternativlos, wenn wir wieder halbwegs in eine Form der Normalität zurückgehören wollen, ohne eine zweite, möglicherweise noch schlimmere Infektionswelle zu riskieren. Naja, wie dem auch sei: ich nähe einfach mal weiter und wenn jemand eine waschbare und damit wiederverwendbar Maske gebrauchen kann, gebe ich jederzeit gerne eine ab. Langsam werden die Zutaten für die Masken zwar knapp, aber: erfreulicherweise werden diverse Läden mit Stoffen und anderem Nähzubehör in meiner Umgebung ab Montag wieder geöffnet 🙂
Abgesehen davon habe ich mich endlich aufgerafft, den Berg an Bügelwäsche anzugehen, der sich hier angesammelt hat. Wenn es draußen warm ist, kann ich mich irgendwie echt schlecht dazu überreden, mit dem Bügeleisen die Temperaturen noch weiter in die Höhe zu treiben. Ein weiterer positiver Aspekt am Home Office: Die Wäscheberge wachsen viel langsamer, weil man irgendwie dazu neigt, zuhause den Jogginganzug deutlich mehr Tage am Stück zu tragen, als man das mit normalen Klamotten im Büro tun würde. Ich habe versucht, unser Arbeitszimmer ein bisschen wohnlicher zu gestalten, indem ich ein paar Pflanzen und Oster-Dekorationen aufs Fensterbrett gestellt habe – schon fühle ich mich beim Arbeiten ein bisschen wohler.

Ich vermisse meinen kleinen Dschungel im Büro schon ein bisschen, das muss ich zugeben. Die vielen Pflanzen dort wirken irgendwie beruhigend auf mich und reduzieren definitiv mein Stresslevel. Zum Glück ist unsere Sekretärin so lieb, wenn sie einmal wöchentlich an der Uni ist in meinem Büro vorbei zu schauen und zu gießen, sodass ich mich nach Ende des Home Office wieder wie gewohnt daran erfreuen kann 🙂 Nur die Osterdeko, die ich kurz vor Beginn der Schließung der Uni noch dort verteilt habe, war für dieses Jahr irgendwie ein bisschen umsonst. Apropos Osterdeko: ich habe meine Fingernägel dekoriert. Wenn man schonmal die Zeit dafür hat…


Oh, Ostern. Da war doch was. Da es dieses Jahr mit Geschenke besorgen ein bisschen schwierig war, haben wir uns auf Kleinigkeiten (sprich: hauptsächlich ein paar Süßigkeiten) beschränkt. Naja gut, eine wertvolle Sache habe ich Flo dann doch geschenkt:

Ansonsten war Ostern recht gemütlich. Wir haben gemütlich gefrühstückt, ein paar Filme geschaut, Brettspiele aus dem Schrank ausgegraben, waren lange und ausführlich spazieren und haben auf dem Balkon gegrillt. Es war ein schönes Osterwochenende, das lässt sich nicht leugnen, und das nicht nur wegen des quasi sommerlichen Wetters.

Es war aber auch ein sehr seltsames Ostern, so ganze ohne einen Ostergottesdienst zu besuchen und die Familie zu sehen. Ich glaube, das einzige Osterfest, an dem ich bisher nicht zuhause war, war 2017 – als Flo und ich vor meiner ersten Konferenz auf unserer Hochzeitsreise entlang des Highway 1 von San Fancisco nach L.A. gereist sind. Ostern haben wir damals in Monterey/Pacific Grove verbracht – und die dort lebenden Harbor Seals zufällig während ihrer Pupping Season beobachten können. So viele süße Seehundbabys, das war definitiv ein besonderes Osterwochenende 🙂 Obwohl es überraschend schwer war, vegetarische Lebensmittel für Karfreitag zu finden… Selbst ein Salat hatte bei Walmart entweder Hähnchen oder Bacon als Zutat! Aber ich schweife ab – vielleicht spendiere ich Pacific Grove demnächst mal einen eigenen Blogeintrag. Immerhin verfolge ich bei Facebook grade die diesjährige Pupping Season – ich bin ganz verliebt in die Mini-Seehunde auf den Fotos.
Was ist sonst noch so passiert? Ah ja, wir haben am Ostermontag die Vorhänge im Arbeitszimmer montiert, die ich vor ca. 2 Jahren gekauft habe. Gut Ding will Weile haben, richtig? Und ich habe endlich einen neuen Schreibtischstuhl – nach achteinhalb Jahren, die ich auf dem alten, ausrangierten Schreibtischstuhl der Vormieter gesessen habe (hey, als Student denkt man sich: “Geil, Gratisstuhl – Jackpot!”) war es dafür definitiv Zeit. Ich habe schon gemerkt, dass während des Home Office meine Rückenschmerzen schlimmer geworden sind – so hätte das nicht viel länger weiter gehen können.

Bei der Wahl des neuen Stuhls habe ich dem Expertenwissen meiner Gaming-affinen Brüder vertraut und mir einen Gamingstuhl besorgt. Und, was soll ich sagen: ich liebe ihn. Wieso habe ich das nicht schon längst gemacht? Natürlich sind Gamingstühle die bequemsten, immerhin sitzen die meisten Nutzer ja stundenlang drauf 😉 Und, was das beste daran war: er war zufällig im Angebot, wir haben also ein Schnäppchen gemacht. Da jauchzt das Schwabenherz.
Okay, das war nun leider tatsächlich alles, was in letzter Zeit über die momentan normalen Aktivität hinaus geht. Ich muss zugeben: es war doch ein bisschen mehr, als ich zu Beginn gedacht hatte. Aber insgesamt eben immer noch wenig Abwechslung. Ich schätze, ich sollte versuchen, daran etwas zu ändern… Mal sehen, was mir einfällt.
Um diesen Eintrag mit einer positiven Sache zu beenden: hier noch ein Bild vom heutigen Essen. Wenn es einen Grund auf dieser Welt gibt, warum ich trotz diverser Versuche nie geschafft habe, vegetarisch zu leben (und es voraussichtlich auch niemals schaffen werde), dann ist es Steak. Und wenn sich dann noch Hollondaise, Spargel und Kartoffeln dazu gesellen, dann vergisst man doch tatsächlich für eine Weile dieses unterschwellige ungute Gefühl, dass in den letzten Wochen zum ständigen Begleiter geworden ist.

In diesem Sinne: schönen Abend, bleibt gesund und sucht euch kleine Lichtblicke im Alltag – und wenn es sowas banales ist, wie Essen. Nach der Krise kann man sich dann immerhin auf ausgiebiges Shoppen von neuen Klamotten freuen, wenn man die alten nicht mehr zu bekommt 😉