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Heute ist es ziemlich genau 10 Tage her, dass ich das letzte Mal in meinem Büro an der Uni saß. 10 Tage, die mir ehrlich gesagt viel länger vorkommen. Es ist seitdem irgendwie so viel passiert, obwohl außer Corona eigentlich nichts los war. Aber bei den unzähligen Schreckensnachrichten, die jeden Tag auf uns einströmen, kommt einem die gewohnte Normalität vor, als wäre sie Jahre her. Flo ist schon seit über 2 Wochen dauerhaft im Home Office, der hat sich damit schon ganz gut arrangiert und stöhnt nur gelegentlich über die hohe Menge an mehr oder weniger sinnvollen Skype-Meetings, die das “richtige” Arbeiten mitunter etwas erschweren. Ich tue mich bisher noch ein bisschen schwerer mit der ungewohnten Situation, aber im Gegensatz zu ihm bin ich auch nicht ohnehin regelmäßig im Rahmen des mobilen Arbeitens im Home Office statt im Büro.

Klar, ich bin theoretisch nicht dazu gezwungen, von zuhause aus zu arbeiten. Mein Chef hat uns bereits vor der offiziellen Schließung der Universität als Bildungseinrichtung nahegelegt, das ausnahmsweise durch die Uni erteilte Angebot zur Heimarbeit anzunehmen, wann immer es uns möglich ist – seit der Lehrbetrieb auf Eis gelegt ist, mit etwas mehr Nachdruck als davor. Das Land und die Universitätsleitung verbieten das Arbeiten in den Universitätsgebäuden allerdings offiziell zumindest jenen Angestellten nicht, die keine Symptome haben, die in Zusammenhang mit COVID-19 gebracht werden könnten. Problem: Versucht mal, als Heuschnupfen-geplagter Mensch herauszufinden, ob das Kratzen im Hals und die sonstigen Erkältungssymptome ausschließlich von irgendwelchen Pollen ausgelöst werden, oder ob da noch etwas anderes dahinter stecken könnte. Ergo bleibe ich die meiste Zeit brav zuhause, gelegentliche Spaziergänge oder notwendige Einkäufe mal ausgenommen.

Home Office oder mobiles Arbeiten sind Konzepte, die bislang an der Uni Stuttgart nicht existiert haben (aber wir sind als familienfreundliche Hochschule zertifiziert… ja ne, is klar) und das heißt, dass ich damit bisher quasi keine Erfahrung gesammelt habe. Von Ausnahmen wie dem halbtägigen Warten auf den Schornsteinfeger mal abgesehen, war Arbeiten zuhause für mich bislang immer von Stress und Hektik geprägt. Auf gut Deutsch gesagt: ich wurde tagsüber mit dringenden Dingen nicht fertig und habe mich abends nochmal daheim an den Schreibtisch gesetzt, oder – und das hat bislang den Hauptteil der Heimarbeit ausgemacht – es stand mal wieder eine Paper-Deadline an, die ein paar Wochen lang 24/7-Arbeit notwendig gemacht hat.

Ich kann mich wirklich nicht beschweren – viele Arbeiten, die in meinem Job anfallen, gehen zuhause tatsächlich sehr gut und ich komme zu einigen Aufgaben, die ich sonst vielleicht eher vor mir her schiebe. Mich aufs Lesen von Papers zu konzentrieren fällt mir beispielsweise daheim viel leichter, einfach weil es keine Störungen durch Kollegen oder Studenten gibt. Eine Mail mit Studentenfragen für eine Stunde zu ignorieren geht deutlich besser, als das mit einem in der Türe stehenden Studenten zu tun 😉 Und ob ich jetzt hier oder in meinem Büro in Vaihingen programmiere, macht auch keinen großen Unterschied. Vielleicht abgesehen von der Tatsache, dass unsere Internetanbindung momentan offensichtlich zu überlastet ist und es auf Dauer doch recht lästig ist, sich permanent wieder neu von remote auf die Server am Institut zu verbinden. Auch der Großteil der Kommunikation, die mit meinen Studenten sonst persönlich abläuft, lässt sich über Tools wie Slack, Skype oder einfach per Mail ganz gut online abhalten. Wobei mir der direkte Austausch trotzdem ein bisschen fehlt, weil sich da teilweise doch lebendigere Diskussionen ergeben. Und ich muss ja ganz ehrlich zugeben, dass die Besprechungen mit zu meinen Lieblingsaufgaben als Doktorandin gehören – ich bin einfach gern Betreuerin, lästig ist mir das nur relativ selten, wenn ich gerade wegen anderen Dingen im Stress bin. Aber für alles, was jetzt gerade etwas schwierig ist, muss man eben kreative Lösungswege finden. Ohne Herausforderungen wäre das Leben ja auch langweilig, oder? 🙂

Nach eineinhalb Wochen normalem Home Office muss ich also sagen, dass es insgesamt ganz gut funktioniert. Und ich hoffe inständig, dass die Uni es nach Ende der Corona-Krise endlich gebacken bekommt, im aktuellen Jahrtausend anzukommen und diese Form der Flexibilisierung für ihre Angestellten regulär anzubieten. Besonders für diejenigen, die das für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf dringend brauchen könnten. Aber – und ich finde, das ist ein fettes “Aber” – mir persönlich fehlt die räumliche Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben. Es fällt mir teilweise nicht leicht, mich auf die Arbeit zu fokussieren, wenn ich genau weiß, dass die Küche eine Grundreinigung dringendst nötig hätte. Umgekehrt fällt es mir deutlich schwerer, nach Feierabend auch wirklich im Feierabend zu bleiben und nicht nochmal “kurz für 20 Minuten” (haha, als ob) wegen irgendetwas mehr oder weniger (un)wichtigen an den Schreibtisch zu sitzen, wenn ich nicht diesen offensichtlichen Einschnitt des nach Hause gehens am Ende des Arbeitstages habe. Und natürlich fehlt mir auch der persönliche Kontakt mit den Kollegen ein bisschen – ist ja irgendwie logisch, wenn man für dreieinhalb Jahre an ca. 4 Tagen die Woche mit den gleichen Menschen zum Mittagessen gegangen ist und sich daran gewöhnt hat. Mehr als ab und zu würde ich, wenn es komplett freiwillig wäre, also vermutlich nicht im Home Office arbeiten. Aber mal sehen, ob ich mich in den nächsten Wochen noch ein bisschen besser dran gewöhne.

Und, was für mich als alten Kaffee-Junkie vielleicht ein ganz gutes pro-Home-Offife-Argument ist: Die Qualität des während der Arbeit konsumierten Kaffees hat sich Dank meines geliebten Kaffeevollautomaten im Home Office gegenüber dem aus der Pad-Maschine an der Uni stark verbessert 😀 Wenn das kein Grund ist, der Sache eine ernsthafte Chance zu geben, dann weiß ich auch nicht…

nika