Es sind inzwischen mehr als 2 Monate, seit die Corona-Pandemie das Leben in Deutschland verändert hat. Langsam hat man sich irgendwie an die Gesamtsituation gewöhnt und glücklicherweise ist der befürchtete große Kollaps des Gesundheitssystems (bisher) ausgeblieben. Wenn sich jetzt nach den vorsichtigen Lockerungen möglichst alle an die Regeln halten, sollte das auch so bleiben – ich bin diesbezüglich nur noch sehr skeptisch, dazu bietet die Stuttgarter Innenstadt einfach ein zu normales, dichtgedrängtes Bild.
Die letzten Monate waren zwar einerseits sehr ereignisreich (Corona-bedingt), andererseits ist quasi nichts passiert, weil das Leben nahezu still stand. Trotzdem habe ich in dieser Zeit ein paar Dinge gelernt:
Allen voran: ich hab zu viele Klamotten. Dadurch, dass sich der Großteil meines Lebens momentan in Jogginghosen und bequemen T-Shirts abspielt, befinden sich signifikant weniger Kleidungsstücke im üblichen “Ablage für getragene, aber noch gute Kleider – Wäschekorb – Waschmaschine – Wäscheständer – Bügelkorb”-Zyklus. Der Kleiderschrank ist dafür zum Platzen voll. Das Gute ist aber, dass es nicht nur mir so geht. Immerhin sorgen Flos seit Wochen ungenutzten Hemden dafür, dass jeder einzelne Kleiderbügel in der Wohnung in Benutzung ist. Das positive daran: Hemden bügeln ist derzeit überflüssig 🙂
Auch interessant: Meine Keimphobie macht mir das Leben mit dem Coronavirus wider Erwarten nicht schwerer als anderen. Ernsthaft, sie hat sich sogar als ganz nützlich herausgestellt. Warum? Ganz einfach: alles, was vielen Leuten vor allem am Anfang als gewöhnungsbedürftig erschien, ist für mich seit Jahren ganz normales Verhalten. Die Hände nicht unmittelbar waschen, wenn ich von draßen hereinkomme? Undenkbar. Türklinken oder Aufzugsknöpfe möglichst nicht anfassen? Ich merke gar nicht mehr, dass ich das automatisch versuche. Mir nicht die Hände waschen oder desinzifizeren, bevor ich etwas esse, insbesondere unterwegs? Ginge gar nicht! Alles normale Verhaltensweisen in meiner Welt. Ich würde auch nie etwas mit der Hand essen, mit der ich gerade mein Handy bedient habe, weil ich weiß, dass das Teil massiv viele Keime beherbergt. Und dass ich es nicht über mich bringen kann, etwas mit meinen Fingern zu essen, während ich am Computer arbeite, hat glaube ich zusätzlich schon diverse Male Snack-Anfälle in stressigen Arbeitsphasen verindert – positiver Nebeneffekt 😉
Ich habe auch gelernt, dass ich fähig bin, die Arbeit in meinem Büro zu vermissen. Ich bin die letzten zwei Wochen jeweils an ein oder zwei Tagen dort gewesen und ich war positiv überrascht, wie angenehm ich das empfunden habe. Ich hab mich gefreut, meine Pflanzen zu sehen oder mich zwischendurch mit den vereinzelt anwesenden Kollegen (auf Abstand) zu unterhalten und ich war deutlich produktiver, als an einem normalen Arbeitstag am Institut. Und der normale Tagesablauf war zur Abwechslung auch mal wieder ganz schön. Ich glaube, zumindest einen Tag in der Woche werde ich das während der restlichen Home-Office-Zeit (aktuelle Ansage der Uni: bis 31.10.2020) weiterhin machen.
Mein persönliches Highlight der letzten Zeit hat gezeigt, dass sich Glück nicht von einer Kleinigkeit wie einer Corona-Pandemie aufhalten lässt. Wenn sich zwei Menschen nach 12 Jahren Beziehung das Ja-Wort geben, dann ist das einfach nur schön. Insbesondere, wenn man sehen kann, wie eine der besten Freundinnen trotz aller Einschränkungen (nichtmal die Eltern bei der Trauung in einem Raum für 80 Personen erlaubt, während Geschäftstreffen mit 5 Personen okay sind? Dafuq?) an diesem besonderen Tag glücklich ist – das erkennt auch auf 1,5m Abstand 🙂 Herzlichen Glückwunsch, mein liebster Klonifant.
Und zu guter Letzt: meine Topfpflanzen zuhause sind gar nicht so zickig. Sie entwickeln sich sogar sehr gut, wenn ich mich regelmäßiger darum kümmere… Wer hätte das gedacht?